Rotkehlchen

An einem dichten Walde, Stämme bei Stämmen ragen aus Wurzelmeer, fest umschlungen von Farn und Strauch bestanden, steht ein zierlich Haus, geduckt unter tief gezogenem First. Geschmiegt in eine von den zum Walde strebenden Hügeln umschlossenen sanften Senke, umfriedet von einem niedrigen Zaun, dem Land ein Stück lebendigen Garten entlockt. Die schmale Bank vor verschlossener Tür steht verwaist und die Läden sind verschlossen; blind schaut das Haus hinaus. Allein ein Fenster steht klar im Lichte einer kleinen Lampe gegen das fliehende Licht des Tages, dass die Schatten tanzen in einem immer dichteren Reigen. Ein Knabe einsam wacht an matten Scheiben, horcht dem verstummenden Klang des Kehlchens zu, regen tut sich nur sein Atem. Zunächst sacht, doch immer lauter wird das Treiben, was da kommt von Walde, was steigt aus der hereinbrechenden Nacht, denn ein Sausen und Peitschen hat das Wetter entfacht; das Kehlchen klingt nur noch leise mit lieblicher Weise, lullt es den Knaben, sein Haupt gebettet hinter dem Fenster. Dunkel die Wolken, wie Schemen sie ziehen, zu türmen sich auf über den Bäumen. Ihre Wipfel sie zittern und wanken, Gleißen und Lärm ist hierzu der Dank.

Hörbar sie krachen und enden ihr Trotzen; hallen und peitschen gegen das Dach jenes zierlichen Häuschens, gepresst unter Regenwucht. Gedrängt in einer von den zum Walde strebenden Hügeln eingekeilten Senke, umgürtet einem fahlen Zaun, der Wildnis ein Stück bangenden Garten abtrotzt. Allein das Kehlchen bleibt singend, zum verstummen gebracht. Wie der Knabe erwacht aus schwerem Schlaf, unruhig geweckt von der hereinrieselnden Stille. Nebelbestanden treffen seine Blicke jenen dichten Saum mit geschüttelten Ästen und Gesträuch. In dem Waber leuchtet es rot auf und ein scheidenes Trillern erschallt den Raum, gedämpft nur von der besprenkelten Scheibe. Leid und Trauer sind seine Worte, Scheiden und Abschied sein Sinn, die den Knaben rühren zutiefst. Als das Helle der Sonne die letzten Schatten hat bezwungen, trällert das Rotkehlchen leise, denn das Haus ist tot.