Um den Turm zu Babel ist eine Stadt entstanden: manche nennen sie Babylon, die große Hure, manche nennen sie Welt, manche nennen sie Heimat.
Jene, die einst hofften den Himmel zu stürmen, die sich nicht genug ergötzen konnten an der Klarheit der Konzeption, der Schönheit des Entwurfes, mussten eines Tages mit Entsetzen feststellen, dass andere Türme neben dem ihren errichtet wurden. Manche sahen beängstigend baufällig aus, manche waren schlicht und manche prunkvoll, aber sie wuchsen mit beängstigender Schnelligkeit.
Es half den ursprünglichen Baumeistern nichts, die anderen Türme als Irrwege und als sinnlose Verzettelung von Arbeitskraft und Baumaterial zu verteufeln und ihren Einsturz vorher zu sagen, denn es wurden immer mehr und schließlich tauchten Menschen auf, die das große Ziel selbst anzweifelten, die sagten: „Der Himmel ist zu weit weg.“ Oder: „Es gibt keinen Himmel.“ „Was sollen uns Türme“, sagten sie. „Lasst uns Brücken errichten und Tore und Paläste.“
Und als die Stadt größer wurde, kamen gar solche, die Häuser errichten wollten für die halbnackten Steine schleppenden Arbeiter, die den Himmel nie sehen würden. Und so wuchs die Stadt weiter und bald wuchs sie mehr in die Breite als in die Höhe und über den Horizont hinaus. Und als die großen Bauherren eines Tages erwachten, stellten sie fest, dass sie nicht mehr wussten, welches der vielen verwirrenden und ineinander verschachtelten Bauwerke einst ihr Turm gewesen war.
„Der Bau ist gescheitert“, sagten sie. „Es gibt keine Kultur mehr, keine Bildung und keinen Glauben. Dies alles wird verfallen und vergessen werden und unsere Völker werden sich zerstreuen und das große Babylon wird nur noch eine Legende sein.“ Doch sie vergaßen, dass mittlerweile eine Stadt entstanden war und das manchen diese Stadt Welt hieß und manchen Heimat.